Londons central line, in jenem Sommer in dem jede Blondine
Madonna und mich eingeschlossen dachte, sie müsse sich einen Cowboyhut kaufen.
Ich war gerade wieder in Berlin und versuchte, nicht zu studieren. Er war gerade in London und fuhr U-Bahn. Irgendwann stieg SIE ein, setzte sich schräg gegenüber und starrte an ihm vorbei aus dem Fenster. Eine sommersprossige Audrey Hepburn in grünem Rock mit einem Koffer so groß wieder der Mount Everest. Er war fasziniert vom Augenblick an, als sie eingestiegen war. Eine halbe Stunde lang saß er dort und starrte wie ein hypnotisiertes Schaf.
Station Theydon Bois. Eine Station vor der Endstation. Sie stieg aus. Drehte sich um. Ging an seinem Fenster vorbei und lächelte. Spätestens da hatte er sich verliebt. Aber er blieb sitzen. Einfach sitzen. Er würde tausend Mal bereuen, dass er nicht mit ihr ausgestiegen war.
Die Monate vergingen. Er nervte all seine Freunde, weil er sie nicht vergessen konnte. Hatte halbherzige Affären, brach Herzen und merkte es nicht mal. Und fuhr U-Bahn wieder und wieder. Die Hoffnung schwand mit jeder Fahrt. Entweder er fuhr mit der falschen Linie oder einfach zur falschen Zeit. Sie wollte nicht mehr auftauchen. Dann, an einem Freitagabend in der Circle Line. Zu spät einfach. Er hatte lange gearbeitet und nickte über seinem Buch ein. An der Station saugte die Bahn Dutzende von Pendlern auf. Und da war sie plötzlich. Mit Schal und Klarinettenkoffer stand sie direkt vor ihm. Er wollte aufstehen. Zögerte. Stand dann doch auf. Sie zögerte auch, als wisse sie nicht, was sie machen sollte. Sie sah ihn an, setzte sich wieder gegenüber und lächelte ihm zu. Schaute wie damals an ihm vorbei aus dem Fenster.
Als sie an ihrer Station aufstand, stieg er mit ihr aus. Und fragte sie, ob sie nicht mit ihm einen Kaffee trinken wolle. Nur einen Kaffee. Er wäre jede Wette eingegangen, dass sie ablehnt. Was für eine billige Anmache. Sie sagte ja.
Heute hat er mich angerufen. Sie ist schwanger. Manchmal liebe ich Happy Ends.