Sonntag. Einfach nur allein sein. Mich treiben lassen. Nachdem ich im Anschluss an zwei Horror-Wochen für Samstag in den Harz zwangsabkommandiert war hab ich mich einfach geweigert, am Sonntag dort auch noch am 65. Geburtstag meines Onkels teilzunehmen. Ab nach Berlin. Lieber wollte ich meinen Kopf ein wenig aufräumen. Segeln ging nicht, der Capitano hatte besseres vor. Also die Super 8 geschnappt und auf nach Potsdam. Einfach nur allein.
S-Bahnhof Hackescher Markt. Im Ohr Jamiroquai und die Gedanken 542 Kilometer weit weg. Stupst mich von links einer an. Uwe. Ehemaliger Arbeitskollege und Quatschtüte. Muss auch nach Potsdam. Nach hab ich ein Glück… 30 Minuten und einen Porno-Monolog mit S-Bahn-Publikum später bin ich ihn los. Auf zum Neuen Palais. Und wer läuft mir in die Arme? Mein Ex, auch mit Kamera bewaffnet. Ob ich einen Kaffee mit ihm trinke? Wie Nein sagen, wenn ich doch die letzten 5 Dates abgesagt habe? Drei Kaffees, geschlagene zwei Stunden und eine Zusammenfassung seiner letzten 4 Affären später flüchte ich. Jetzt will ich wirklich allein sein.
Ab in den Garten vom Neuen Palais, ich habe ein bestimmtes Ziel. Und wer steht genau dort, wo ich hin will? Jener zauberhafte
Louis, den Freundin Lisa mir schon ewig andrehen will. Ohne griechische Freundin. Die wollte heiraten, er lieber nicht. Beim Spazieren durch den Park reden wir über unsere Projekte, die Lieben, das Fernweh. „Gehen wir einen Kaffee trinken?“ Gut, gehen wir Kaffee trinken. Ich nehme Wasser, Kaffee hatte ich schon genug. Zurück in Berlin bleibt der Abend gesellig. Louis lädt mich ins
Freilichtkino auf der Museumsinsel ein. Ich darf das Ticket der Griechin haben. Der Film egal, der Wagner-Abendhimmel, die Kulisse und der entspannende Liegestuhl sind die eigentlichen Attraktionen.
Mit wilden Streichern und der Elegie op. 58 von Elgar/Vaughan Williams im Ohr die Spree entlang, endlich allein. Aber trotz der pausenlosen Gesellschaft sehe ich klarer. Und weiß was ich will. Alleinsein sollte heute einfach nicht sein. Und so wundere ich mich nicht, dass Freund S. vor der Tür hockt und um Asyl und ein Bier bittet.
Vielleicht morgen allein.