S-Bahnhof Babelsberg, gerade Mitternacht.
Bleierne Schwere lässt mir die Augenlider zufallen. Zwei Junge-Union-Schwätzer mit lichtem Haupthaar und polierten Schuhen lassen ihre markigen Burschenschaftersprüche für mich, ihr undankbares Publikum, ab.

„Hör´endlich auf zu schwafeln, Du selbstverliebte Labertasche“ denke ich genervt, anstatt es zu sagen. Ich will meine Ruhe. Durch die mit tags zerritzten Scheiben sehe ich im fahlen Neonlicht mein Spiegelbild. Tiefe Augenringe, eine Falte zwischen den Augenbrauen, die vor einer Woche noch verschwand. Zuviel Zeit zum Grübeln.

Wo bin ich jetzt? Wollte ich da mit 30 sein? War das meine Vorstellung von meinem Leben, als ich 20 war? Damals hätte ich gedacht, mit 30 wäre ich irgendwie sesshaft und erwachsen und hätte eine Familie, wenigstens in Sichtweite. Mag ich, wie es jetzt ist? Nein, heute nicht. Morgen früh, wenn ich mich und mein Leben wieder ein wenig mag, überlege ich mir, was ich will. Dann will ich vielleicht wieder, was ich gerade habe. Für eine Weile.