Als Kind mochte ich die Straßenmaler in den Gässchen meines niedersächsischen Kleinstadt-Idylls sehr gern. Ewig stand ich rum und sah ihnen zu, bis Mama weitergehen wollte. Wenn ich mal sah, wie ein Bild im Regen weggespült wurden, faszinierten die wegfliessenden Kreidefarben und das langsame Auslöschen der Schönheit mich mehr als das eigentliche Bild, egal wie kunstvoll es war. Irgendwann in den letzten zwei Jahrzehnten ging den Herren die Berufsehre flöten und sie malten auf Papier, dass sie bei Feierabend oder Regen aufrollten und am nächsten Tag wieder hinlegten. Das ließ mich keine Sekunde stehen.

Julian Beever jedoch scheint ein Straßenmaler der alten Schule zu sein. Und er scheint zu verstehen, dass die Limitierung und Vergänglichkeit der schönen Wischereien die Faszination ausmachen. Davon abgesehen habe ich nie zuvor so großartige Arbeiten gesehen. Muss ein starker Mann sein, der so viel Energie in etwas steckt, das vergänglich ist.

Der Installationskünstler Frank Warren begann das Projekt ursprünglich als ein interaktives Kunstwerk.
Mittlerweile ist PostSecret ein Blog, in dem Leute anonym ihre tiefsten Abgründe und Geheimnisse beichten. Die Dinge, die nicht mal die beste Freundin erfahren darf. Und das auf selbst gestalteten Postkarten. Manche sind witzig, andere ergreifend und wieder andere fies. Jeden Samstag gibt es neue Karten zu sehen. Eine Art ästhetische Beichte vor Publikum. Schade dass ich nichts zu beichten habe...

Ich setze das machetenartige Messer an um die Wassermelone zu halbieren, da sehe ich, dass Chris breit grinst. „Was ist?“ wundere ich mich irritiert. „Soll ich Euch erzählen“ fragt er Mama und mich „was ich mal mit diesem Messer gemacht habe?“

Ich überlege kurz, ob ich die Antwort ertrage. Denn Brüderchen hat früher widerliche Experimente gemacht. Regenwürmer in Backpulver gewälzt und mit Metallspäne bestreut drei Wochen unters Bett gestellt, mal sehen was passiert. Bevor ich wählen darf, geht´s auch schon weiter.

„Ich war mit Jones unterwegs, der wollte von mir wissen, ob die Pflanzen im Garten seines Nachbarn Marihuana-Pflanzen sind. Waren welche, und zwar richtig fette. Aber das habe ich Jones natürlich nicht gesagt."

"Und dann, in der gleichen Nacht, so gegen 3, habe ich ein Seil aus dem Fenster hängen lassen, habe das Messer und `ne Wolldecke mitgenommen und bin mit dem Rad zu dem Garten gefahren. Auf dem Bauch bin ich durch den Garten gerobbt und habe an den Pflanzen rumgesäbelt. Die Teile waren über zwei Meter hoch! Das Absägen ging total schwer, und irgendwann ging im Haus Licht an. Mann, mir hat das Herz bis zum Hals gepocht! Da habe ich mich unter eine Hecke gekauert und gewartet, bis wieder Ruhe war."

"Zwei fette Pflanzen habe ich mit Mamas Küchenmesser abgesägt. In die Decke gehüllt bin ich mit den Dingern unterm Arm bis nach Hause geradelt und habe durchs ganze Dorf eine Blätterspur hinterlassen. Na, und zuhause angekommen habe ich die Pflanzen außen am Seil festgebunden, falls Mama mich erwischt hätte. Von innen habe ich sie hochgezogen und wir hatten den halben Sommer gutes Gras."

"Sag mal, wie alt warst Du denn da?" will ich wissen. "Och, 15" erwidert er.

Gut, diese Anekdote war mal nicht ekelig. Aber ich sehe Mama an, dass ihr Bedarf an Geschichten aus Chris`Repertoire für heute gedeckt ist.

Auf ins niedersächsische Idyll. Ich rette das Familienhaus, rettet Ihr derweil die Partykultur. Die Liebe. Die Welt.
Ach ja, und sollte hier irgendwer mitlesen, der in der Zwischenzeit bei mir einbrechen möchte: Bist Du bitte so lieb und nimmst den Müll mit runter? Hab´ich vergessen. Obwohl… vielleicht lieber doch nicht. Dann erwarten mich wenigstens die Fruchtfliegen, wenn ich Sonntag wieder heim komme ;-) Bee

Copyright des pics: gapingvoid

Herr Jazz hat mich wiederholt erfreut, indem er mir seine Jazz Compilations geschenkt hat. Und er weiß, seine Silberlinge sind bei mir in besten Händen. Das hat mich gerührt und gefreut.

Aber wenn ich bei anderen Blogger die Amazon-Wunschzettel sehe, wundere ich mich immer und denke; Nichts für Dich, Bee. Wer sollte sich berufen fühlen, Dir was zu schenken?

Vielleicht irre ich, denn da draußen gibt es einen zauberhaften Blogger, der sich leider meines Dankes schämt und nicht genannt werden möchte. Sein Geschenk kam gestern mit der Post. Eine kleine Piratenflagge! Sobald die stürmischen Böen nachlassen, wird sie am Balkon gehisst.

Hurra! Danke und tanti baci an den edlen Piraten ;-)

Ein Schritt vor meine Tür und mich trifft der Schlag. Ich fühle mich an ein Filmset von "Akte X" versetzt. Praktisch über Nacht blockieren 10 merkwürdige Wohncontainer die Sicht auf die Spree. Große gelbe Schläuche und Röhren liegen bis zum Ende der Straße. Männer in blauen Overalls schrauben merkwürdige Teile aneinander und stemmen die Straße auf.

Was macht Ihr mit meinem Ufer-Idyll??? Und wer seid Ihr???

Ein Bauschild am Ende der Straße klärt mich auf. Die Firma Vattenfall formerly known as Bewag (Berliner Wassergesellschaft) hat diese Szenerie zu verantworten. Die freundlichen Herren sanieren unsere Mischwasserleitungen. Beim Überfliegen lese ich "Bauende Juli" und denke noch so "Na denn mal flott, Ihr Schlafmützen". Bis mein Blick erstarrt an der 2006 hängenbleibt.
1 Jahr das Ganze!? Scheißdreck, verhurter! [®Burnster]